Sonntag, 17. Februar 2008

Mental Filter 2.0

Wenn einem mehr als 99% der zumindest zivilisierten Weltbevölkerung zum Halse raushängen oder wenigstens suspekt, extrem langweilig, erzkonservativ oder übersteigert nervig erscheinen, dann ist es soweit: Man muss zu Medikamenten oder Cyberimplantaten greifen. Und was für William Gibson noch reine Fiktion war, ist nun auf dem gepflegten Schwarzmarkt für Neurotiker mit dem nötigen Kleingeld erhältlich: Mental Filter (v2.0). Zum Einnehmen (oral und anal), als Creme, als Pille oder als Dauerimplantat für die ganz arg Geplagten.

Probier es aus, die Ergebnisse sprechen für sich.

Sieh deinen Chef einmal so, wie er wirklich ist: als sozial inkompatible Gummipuppe mit dem Verhalten eines gestörten Äffchens. Labe dich am Bild eines von Maden angeknabberten Leichnams drei Meter unter dem Meeresspiegel, während dir im Supermarkt kurz vor acht Uhr abends die Omi den Einkaufswagen in die Hacken rammt und danach hartnäckig die Kasse blockiert, weil die Sammelmarken gerade ausgegangen sind. Auch sehr nützlich, falls die Ex samt neuem Haustier vor deiner Wohnung steht, um dir den Abend zu versauen. Mental Filter 2.0 wird dir beflissen eine Fotomontage ihres ehemals feengleichen Körpers mit der Amöbe auf zwei Beinen, die dich gerade belästigt, erstellen. So wirst du auch diesen Event innerlich schmunzelnd überstehen. Beim Implantat auch mit integriertem Tintenstrahldrucker zum Ausrucken und Aufheben für später (kann zu Störungen beim Stuhlgang führen).

Bei äußerer Anwendung von Mental Filter 2.0 ist die korrekte Dosierung zu beachten. Es mag zwar recht unterhaltsam sein, früh morgens in der Strassenbahn von rosa Häschen umringt zu sein. Unbedingt ratsam ist das Kraulen des Fahrkartenkontrolleurs hinter den Ohren aber nicht. Auch wenn man dann dank Mental Filter weiss, das er das Kontrollieren als Ausgleich für den zu Hause lauernden, zahnbehaarten Küchendrachen betreibt. Die Strafe ist fällig, so oder so.

Ich nehme übrigens gar nichts. Mein Mental Filter ist in früher Kindheit auf natürliche Weise im Kleinhirn herangewachsen. Woran das wohl lag.

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